Energie – Armut oder Reichtum



Strategien zur Lösung
1. Teil

Kirchentage sind für Theologen das, was für den Lehrer die Fortbildung darstellt. Eine kostenlose Dienstreise, wo man sich beschwingt in Friede-Freude-Eierkuchen Stimmung bewegt und sich selbst als wichtig empfindet, ohne dass man sich mit meckernden Kirchenbesuchern, rechthaberischen Kirchenvorsteherinnen und -vorstehern, Organistinnen und Organisten und den Küsterinnen und Küstern herumärgern muss. Seinen, aus der Sicht des Geistlichen, reichlich blöden Schäfchen kann man dann sonntags vom Kirchentag erzählen, was einen selbst der Mühe enthebt, sich mit dem absolut doofen Predigttext auseinandersetzen zu müssen. Gleichartiges gilt für die Lehrerin oder Lehrer. So lautete das Motto des Kirchentages in Düsseldorf im Jahre 1985: Die Erde ist des Herrn“ (Ps 24,1).


Wenn dem so ist, dann wäre tatsächlich die Frage zu stellen, wie weit der Mensch sich diese Erde aneignen und zurichten darf. Anscheinend wurde auf dem Kirchentag, wie so oft, keine Antwort gefunden oder man hat sie als politisch nicht durchsetzbar in die Kammer abgeschoben, wo sonst alle Requisiten für Kirchentage aufbewahrt werden.


Im Teil 1 ist ja nun ausführlich über die Begrenztheit des Planeten im Widerstreit mit dem Wachstumsfetischismus die Rede gewesen. Dagegen scheint die Energie etwas in das Hintertreffen geraten, weil sich herausstellte, dass Energie in der Umgangssprache nicht das ist, was die Physik darunter versteht. Zur Wiederholung und Vertiefung sei folgender Link zu einem Videoclip mit dem Astrophysiker Harald Lesch empfohlen, der die Zusammenhänge sehr einleuchtend erläutert: https://www.youtube.com/watch?v=rOzMLEDYRLE


Im Teil 1 haben wir die Erde als abgeschlossen betrachtet, Harald Lesch spricht von uns Erdbewohnern als energetische Wesen, die Bestandteil eines offenen Systems sind, welches durch die Wärmezufuhr der Sonne unser Dasein gestattet. Was zunächst als Widerspruch erscheint, erklärt er mit dem Energiefluss im offenen System, denn am Ende zieht der Mensch, die Flora und Fauna, das Erdinnere, Erdmantel und -kruste ihren Nutzen aus der Umwandlung sehr spezieller Energieformen. Die finale Umwandlung erfolgt dann in Wärmeenergie. Es ist also nicht nur allein das Verhalten des Menschen, welches die Existenz des gegenwärtigen Zustandes des Planeten Erde bedroht, sondern auch eine Frage des Energieflusses, welcher spätestens dann zum Stillstand kommt, wenn die Aktivität der Sonne eine gewisse Grenze unterschreitet. Nun mag man sich damit trösten, dass dieser Punkt erst in Milliarden Jahren erreicht sein wird, doch vergessen wir nicht, dass thermodynamische Gleichgewichte von einer Vielzahl von Einflussgrößen abhängen, die das menschliche Vorstellungsvermögen bei weitem überschreiten und auch durch die ausgefeiltesten Computersimulationen nicht mathematisch präzise berechnet werden können. Urheber der Computersimulation bleibt immer nur der Mensch. Auch die heute angebetete künstliche Intelligenz ist Menschenwerk innerhalb der Grenzen der geistigen Kapazität ihrer Urheber. Was die Mathematik elegant in einer Gleichung, in einem Satz beschreibt, heißt noch lange nicht, dass wir sie vollständig begreifen können, obwohl wir damit ganz selbstverständlich arbeiten.


Während der Krieg in der Ukraine tobt, wo die Freiheit der Oligarchen verteidigt wird, herrscht in einigen Teilen der Welt eine große Hungersnot, die durch Dürre und ebensolche kriegerischen Konflikte hervorgerufen wird. Nahrungsmittelexporte sind gefährdet und die Länder, die diese Nahrungsmittel benötigen sind in ihrer Existenz bedroht. Darum soll der erste Blick auf die Umwandlung von Lichtenergie auf das Wachstum von Pflanzen und Wäldern gerichtet sein, woraus im weiteren Schritt Ernährungsprodukte pflanzlicher oder tierischer Art gewonnen werden. Hinzu kommt als weitere wichtige Quelle im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser.


Eine Produktionssteigerung wie bei dem Abbau eines mineralischen Rohstoffes scheint einfacher möglich zu sein. In der Tat sind genügend Nahrungsmittelreserven auf der Welt vorhanden um das Hungerproblem völlig zu beseitigen, doch müssen dazu bestimmte Faktoren zum Gedeihen der Pflanzen vorhanden sein. Die Bodenqualität muss in ihrer mineralischen und chemischen Zusammensetzung, im Feuchtegehalt und den klimatischen Bedingungen optimal zum Wachstum der Flora beitragen. Es reicht nicht aus eine industrielle Bewirtschaftung von Agrarflächen zu schaffen. Das ökologische Gleichgewicht muss erhalten bleiben. Klimatische Veränderungen erfordern eine genaue Kenntnis, in welcher Art man diese Landwirtschaft anpassen muss, damit das gesamte Biotop sich positiv anpassen kann. Geschieht dies nicht, so werden die Flächen immer ertragsärmer und obwohl diese „Rohstoffe“ nachwachsend sind, benötigen sie eine ständige Pflege, die mineralische Rohstoffe keineswegs nötig haben. So sind Eingriffe in die Pflanzenauswahl aus rein ökonomisch-markterroristischen Motiven ein Angriff auf die Existenz der Bewohner dieses Planeten. Dieser Bereich gehört nicht nur zur nationalstaatlichen Vorsorge, sondern zu weltweiten Vorsorge. Wer damit spekuliert ist ebenso kriminell, wie der Aktienbesitzer von Anteilscheinen eines Rüstungskonzerns, der am Ende seinen persönlichen Nutzen aus der Ermordung anderer Menschen zieht, gleich welcher Anlass der Krieg ist, ob nun der heilige Krieg der Ukraine zum Nutzen und Frommen zweier Großmächte oder ein Stammeskonflikt im fernen Afrika. So nimmt die Landwirtschaft eine besondere Stellung ein. Dabei ist nicht die Art der landwirtschaftlichen Erzeugnisse wichtig, sondern die Eigenschaften des Biotops wo sie gedeihen. Das zeigen die Probleme in der Forstwirtschaft, wo Fichten- oder Kiefermonokulturen sich gegenüber klimatischen Veränderungen besonders empfindlich zeigen.


Halten wir drei Dinge fest.

  1. Landwirtschaft bedeutet aktiver Erhalt eines intakten Biotops und ist nicht durch einen endlichen Vorrat begrenzt. Im Gegensatz zu mineralischen Rohstoffen.

  2. Die Lebensdauer eines agrarischen Produktes ist kurz im Vergleich zu einem mineralischen Rohstoff. Dabei sei dem Leser eine genauere Funktionsbeschreibung seines Verdauungsapparates erspart. Hinreichende Erfahrung darin darf vorausgesetzt werden.

  3. Die Wiederverwertung der Abfälle ist nur begrenzt möglich.


Die Nutzung sogenannter nachwachsender Rohstoffe muss sich also an dem Vorhandensein von Flächen orientieren, die die Nahrungsgrundversorgung der Bevölkerung nicht beeinträchen. Damit verbieten sich ausgedehnte Plantagen zur Treibstoffversorgung oder ähnlicher Ersatzprodukte, die den dort lebenden Menschen die Nahrungsgrundlage entziehen könnten. Auch wenn es den woken Bürgerkindern schwer fällt, wenn Opiumfelder oder Cannabispflanzungen nicht als lebensnotwenig angesehen werden, es gilt auch noch für andere Produkte, die ebenso systemstabilisierend wirken, wie das Ankleben an Kunstwerken und Straßenasphalt. Die eifrigen Kämpfer für das Paradies der Oberschicht, ob nun an Freitagen oder im dichten Berufsverkehr, müssen zur Kenntnis nehmen, dass ihre Selbstinszenierungen allein der Betonierung des herrschenden Systems und der sie stützenden Bourgeoisie dient, von der sie natürlich selbst profitieren. Den Menschen in Somalia ist es egal, ob nun ein Geschwindigkeitsverbot von über 100 km/h auf deutschen Autobahnen gelten soll oder Kartoffelbrei an Gemälden pappt. Im Gegenteil, so einen Umgang mit Nahrungsmitteln würden sie eher als Verhöhnung empfinden.


Mit einer einfachen Reform der Landwirtschaft, einem Verbot des Fleischverzehrs und Ausgeben von Gutscheinen für einen angesagten Naturkostladen für arme Familien ist es nicht getan, sondern der Irrweg wird weiter befahren. Außer gutem Gewissen für Selbstgerechte springt nichts dabei heraus.


Eines der zur Zeit dringendsten Probleme in der Landwirtschaft ist das sogenannte „Stickstoff-Problem“. An dieser Bezeichnung erkennt man die durchschnittliche Intelligenz der handelnden Politiker und der sie wählenden Bevölkerung. Sie ist leider nicht sehr hoch und bewegt sich in etwa auf dem Niveau der Bürger von Springfield in den USA. Denn mit jedem Atemzug inhalieren wir Luft bis tief in unsere Lungen. Die Luft aber besteht zu rund 78 % aus Stickstoff. Es ist ein Gas, welches nicht gefärbt ist und sehr reaktionsträge sich nur unter hohen Temperaturen zur Verbindungsbildung bewegen lässt. Jeder Verbennungsvorgang bei sehr hohen Temperaturen, jede elektrische Entladung, bei der Luft zugegen oder gar zur Verbrennung zugeführt wird, oxidiert einen Teil des Stickstoffs und es entstehen dabei hauptsächlich Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid. Das Stickstoffmonoxid reagiert mit dem Luftsauerstof weiter zu Stickstoffdioxid, einem braunen Gras, welches zuerst belebend wirkt und dann zum Erbrechen reizt. Es bilden sich dann mit Wasser und darin gelösten Ionen die Salze der salpetrigen und der Salpetersäure. Sie heißen Nitrite bzw. Nitrate. Nitrite werden sehr gern im Fleischverkauf verwendet, weil sie dem Thüringer Mett auch noch nach drei Wochen eine appetitliche rosa Farbe geben. Nitrate dagegen werden eher zu Düngemitteln oder gelegentlich bei Bedarf zu Sprengstoff weiter verarbeitet. Nitrite sind chemisch nicht so stabil, werden schnell zu Nitraten oxidiert und diese Nitrate sind im landwirtschaftlich genutzten Bereich ausgesprochen willkommen. Es würde zu weit führen jetzt die Reaktionsmechanismen im Boden zu beschreiben, weil es auch von der mineralischen Zusammensetzung des Bodens abhängig ist, doch wegen ihrer leichten Löslichkeit im Wasser, können sie durch die verschiedenen Schichten des Bodens migrieren und landen dann eben im Grundwasser. Jetzt wird sich mancher fragen, ob dass denn so viele Mengen dieser Salze sind, die auf dem Acker verteilt werden. Diese Frage ist berechtigt und genau der Punkt, warum in den Niederlanden Unruhen in der Bevölkerung ausbrachen. Denn durch die Tierhaltung in den Ställen fällt am Ende Mist an, der mit Wasser in eine flüssige „Pampe“ (norddeutsch: Gülle) verwandelt wird. Je nach Art des Mistes und der Rezeptur und dem Ergebnis des Abschmeckens seitens des Landwirtes entsteht nicht nur in jedem Frühjahr eine unbeschreibliche Vielfalt dieser Gülle-Aromen sondern auch ein kräftiger Nitratschub für die Böden. Das ist sogar lukrativ und niederländische Landwirte exportieren gern die Gülle in die BRD. Die über Ammoniak weiter reagierenden Nitrate in der Gülle stammen ursprünglich aus zersetzten Aminosäuren. Die weiträumige Verteilung durch Versprühen der Lösung ist also nicht nur ein Beitrag für den Fremdenverkehr als „erholsame Landluft“, sondern sorgt dafür, dass die Pflanzen einen Überschuss davon empfangen und was nicht von der Pflanze verwertet wird, macht sich auf die Wanderung ins Grundwasser.


Zu meinen schönsten Berufserfahrungen gehört der Klönschnack mit einem Laborleiter, der im Wasserlabor eines Unternehmens beschäftigt war. Der erzählte mir von einem Bekannten, der Landwirt am schönen Niederrhein ist. Weil jener Landmann mehr oder weniger inoffiziell einen Brunnen bohrte und nun daran interessiert war, ob auch diese Wasserqualität zum natürlichen Genuss taugen würde, landete eine Probe im Labor. Das Ergebnis wird die Lokalpolitiker nicht freuen, denn der Nitrat-Gehalt betrug 200 mg/l. Eine schöne Lösung zum Düngen von Zierpflanzen. Es handelt sich also um ein Nitrat-Problem, was verfahrenstechnisch anders gelöst werden kann, wenn der Wille dazu da ist. Es gibt seit 30 Jahren Gülle-Aufbereitungsanlagen, eine größere Pilotanlage ging im Westmünsterland in Betrieb, aber kommt wegen des Lobbyismus nicht voran. Es sind wieder einmal ökonomische Probleme mit der ihnen innewohnenden Profitsteigerung, die den Fortschritt behindern. Es handelt sich also nicht um ein „Stickstoffproblem“, sondern um ein Problem der Abfallbehandlung, bestenfalls um ein Nitratproblem, wenn man es dann so verkürzen möchte. Alles andere dient nur der Vernebelung.


Was bedeutet es für den Systemwandel? Die Land- und Forstwirtschaft darf nicht zum Spielball der Profitjäger werden, sondern gehört zur staatlichen Daseinsvorsorge. Das bedeutet auch die Spekulation mit Lebensmitteln zu verbieten. Es ist keine nationalstaatliche Aufgabe allein, sondern hat am Ende weltweit zu wirken. Eine Herkulesaufgabe, die aber lohnend ist nicht aufgeschoben zu werden, ehe nämlich die Krise zu Konflikten führt, die nur noch nach dem sozialdarwinistischen Prinzip der Kriegs- und Unternehmerfreundepartei FDP gelöst wird.


Doch aus der Zusammenfassung bleiben drei Begriffe:

  • Vorrat,

  • Lebensdauer und

  • Wiederverwertung.


Daran muss sich also eine Wirtschaftspolitik in einem nichtkapitalistischen System ausrichten. Mir ist bekannt, dass die tapferen Antikommunisten der alten BRD jetzt gleich den ollen Erhard exhumieren wollen, der bereits zur Nazizeit mit anderen SS-Führungskräften über die Neugestaltung einer "Nachkriegs-Wirtschaft" nachdachte. Die von ihm angeblich ersonnene „soziale Marktwirtschaft“ gab es bereits in der Theorie einiger Wirtschaftsdenker. Dass er später dannn, mangels Konkurrenz, damit in der BRD reüssieren konnte, brachte ihm ein Prädikat vom Vorsitzenden der SPD Kurt Schumacher ein. Er nannte Ludwig Erhard einen „unerträglichen Werbeluftballon“. Immerhin schaffte jener es dieses Marktprinzip zwar nicht bis in alle Ewigkeit festzuschreiben, doch er schuf eine „Ikone“, bei der das Gold schon abgeblättert ist und kaum noch den Sozialdarwinismus der CDU/CSU/FDP/SPD kaschieren kann. Die Grünen, welche eigentlich dazu gehören, gab es ja bei der Gründung der BRD noch nicht. Geblieben ist allerdings der paranoide Antikommunismus und die devote USA-Hörigkeit. Deshalb wird auch allein die zaghafte Nennung des Begriffes „Sozialismus“ mit Josef Stalin, dem Satan und anderen teuflischen Mächten gleichgesetzt. Man wird nicht müde hämisch auf den Untergang der RGW-Staaten, also DDR, VR Polen, VR CSSR, VR Rumänien und VR Bulgarien hinzuweisen, um daran die Überlegenheit der „sozialen Marktwirtschaft“ à la Margaret Thatcher und Ludwig Erhard zu preisen.


Doch Vorsicht mit solchen Schlussfolgerungen. Bereits 1999 wies der Wirtschaftswissenschaftler Robert Nick in seinem „Schwarzbuch Kapitalismus“ nach, dass diese soeben genannten RGW-Staaten als Wirtschaftssystem den „Staatskapitalismus“ auserkoren hatten. Bei genauer Hinsicht zeigt sich dies am Raubbau im Erzgebirge zur Gewinnung von Uran, den wirtschaftlich völlig unrentablen Abbau des Mansfelder Kupferschiefers bis zu seiner Erschöpfung, d.h. das Ende der Förderung durch Abwurf des „Otto-Brosowski-Schachtes“ im Jahr 1969, was bereits den Strukturwandel einläutete. Dennoch wurde auf Teufel komm' raus produziert. Maßnahmen zum Umweltschutz wurden nur in soweit eingehalten, dass damit die Öffentlichkeit halbwegs ruhig gestellt wurde. Im Verborgenen arbeiteten Kollegen des Autors an der Bergakademie Freiberg an geochemischen Einflüssen durch die Umweltverschmutzung, die es ja in einem sozialistischen System unter der Ägide der Partei der Arbeiterklasse in unverbrüchlicher Freundschaft mit dem sowjetischen Brudervolk gar nicht gab. Die Bewohner im Süden des heutigen Sachsen-Anhalt und in Ostthüringen, bzw. Westsachsen haben da bestimmt eine andere Meinung dazu. Aber diese beiden Beispiele zeigen bereits deutlich, dass die RGW-Staaten den gleichen Marktgesetzen unterlagen, wie der ach so freie Westen. Zusätzlich übte die unterschiedliche Parität der Währungen noch einen zusätzlichen Druck auf die Volkswirtschaften aus. Der Abbau der Vorräte unterschied sich nicht sonderlich von den Vorstellungen des Managers Schimmelkopp vom ständigen Wachstum. Daher taugt also das schöne Argument, dass der Sozialismus sich erst recht negativ auf die Wirtschaft eines Staates auswirkt, überhaupt nicht, denn in beiden Wirtschaftsblöcken herrschte die Dominanz des Kapitalismus. So fragt man sich am Ende, ob der Begriff des „Sozialismus“ überhaupt zur Kennzeichnung eines Wirtschaftssystems taugt.



Einen Vorteil lieferte die Mangelwirtschaft jedoch. Es wurde nicht nur das Improvisationstalent des einzelnen Bürgers im Sinn der neoliberalen „Eigenverantwortung“ gestärkt, sondern das Zauberwort „SERO“ förderte den Gedanken des Recycling und damit der Wiederverwertung. Zuständig war dafür das VEB Kombinat Sekundär-Rohstofferfassung SERO, das 1988 11.100 Mitarbeiter zählte und über das Land weit verstreute Annahmestellen zählte. Weniger spektakulär war das DLK, das staatliche Dienstleistungskombinat, welches z.B. Reparaturen an verschiedenen Produkten durchführte und damit die Lebensdauer verlängern half. Diese zwei Punkte sollen für die folgenden Überlegungen festgehalten werden, wie ein Systemwechsel aussehen muss.

Auch denen, die jetzt den nörgelnden Ossies stets vorwerfen, dass sie in der Demokratie nicht angekommen sind und nicht die Errungenschaften der sozialen Marktwirtschaft genügend preisen würden, sei nebenstehendes Bild einer „sozialistischen Wartegemeinschaft“ aus dem in der „sozialen Marktwirtschaft“ wiedervereinten Deutschland in der schönen Stadt Weimar gewidmet. Diese DDR-typische Umschreibung einer ganz gewöhnlichen Schlange steht nun nicht mehr für Tapeten oder Auspuffanlagen für Trabant oder Wartburg an, sondern für eine ganz ordinäre Weihnachtsgans. Da ist etwas zusammengewachsen – nicht wahr?


Doch wenden wir uns wieder den Rohstoffen zu, die nicht zu den fossilen Lagerstätten gehören. Nicht zu Unrecht trennt man auch in den Geowissenschaften diesen Bereich ab, weil für diese Lagerstätten andere Wirtschaftlichkeitsregeln gelten und damit die Gewinnung auch sich anders gestaltet. Ferner sind gerade die fossilen Lagerstätten durch die klimatischen Veränderungen in einen Brennpunkt im wahrsten Sinne des Wortes geraten. In diesem Bereich ist der Druck zur Ersetzbarkeit mittels anderer Produkte und Technologien besonders hoch. Dazu aber später in einem besonderen Abschnitt.


Die Einteilung in verschiedene Lagerstätten mineralischer oder fossiler Rohstoffe dient auch der Beschaffenheit. Minerale besitzen eine Kristallstruktur, die zwar in manchen Fällen zerstört wurde oder nicht vollständig auskrististallisieren konnte, während Stein- oder Braunkohle so genannte Mazerale bildet, die aber nur zur Beurteilung ihrer speziellen Eigenschaften benötigt werden. Beiden ist jedoch gemeinsam, dass sie vor vielen Millionen Jahren gebildet wurden und dann durch tektonische Bewegungen sich in ihre heutige Gestalt veränderten. In diesem Falle ist also festzuhalten, dass von nachwachsenden Rohstoffen keinesfalls die Rede sein kann. Daraus ergibt sich der zwingende Schluss, dass in diesem Falle der Abbau in einem Maße geschehen muss, der kein stetes Wachstum erlaubt, sondern eher eine Schrumpfung nahe legt. Wiederholt wird in den Medien der „Tiefseebergbau“ im Ostpazifik angesprochen. Davor muss nur gewarnt werden. Der Autor hat mit an einem Forschungsprojekt gearbeitet, welche die mineralische Zusammensetzung und ihre Eigenschaften dieser Tiefseeproben umfasste. Dabei traten sehr eigenartige Mineralphasen auf, die noch keineswegs im thermodynamischen Gleichgewicht stehen, extreme Heterogenitäten, die eine Aufbereitung zu Erzkonzentraten fast unmöglich machten und eher wissenschaftlich hoch interessant waren, weil man hier eine Lagerstätte vom Typ Rammelsberg im Entstehen sah, vor Hunderten Millionen Jahren.

Nur ein zänkischer Kollege österreichischer Herkunft aus dem Marburger Dunstkreis hatte bereits das Problem umfassend und vollständig gelöst und bot sich in unverschämten Briefen wie Sauerbier an, da seiner Meinung nach die Kollegen sämtlich inkompetent wären. Doch bisher sind trotz seines Genies noch nicht einmal die bergbaulichen Förderverfahren so weit gediehen. Glücklicherweise, denn es ist nun wirklich abzuraten auch diese letzten Vorkommen abzubauen oder gar von extraterrestrischem Bergbau auf dem Mond oder anderen Himmelskörpern zu schwafeln. Denn damit lösen sich die Probleme nicht auf. Ein Wachstum innerhalb einer kompakten Menge wird immer an die Grenzen stoßen. Es ist dann lediglich eine Frage der Zeit.

So sind für diese Form der Rohstoffe folgende Kriterien aufzustellen:


  • Streckung des Vorrats durch Senkung der Fördermengen Suche nach Ersatzprodukten


  • Rohstoffe aus der Wiederverwertung oder mittels neuer Verfahren zu gewinnen, die heute völlig unwirtschaftlich sind, aber mit weniger negativen Folgen für die Umwelt und energetisch aufwändige Prozesse auskommen.


  • wiederverwertbare Produkte mit höherer Lebensdauer


Zur Streckung des Vorrates können natürlich auch marktwirtschaftliche Veränderungen beitragen. Das ist immer dann der Fall, wenn durch technologische Prozessveränderungen bestimmte Wertminerale nicht mehr benötigt werden. So ist der Bedarf an Silber zurückgegangen, welches zur Film- und Photopapierherstellung benötigt wurde. Dagegen ist der Lithiumbedarf extrem  gestiegen, weil Lithium-Akkus und -Batterien die alte elektrische Speichertechnik schrumpfen ließen. Nun gehört Lithium ausgerechnet zu einer Mineralgruppe, die nur in ganz bestimmten Lagerstätten auftritt, bzw. im Meer gelöst ist. Obendrein ist die Gewinnung des Metalls aus lithiumhaltigen Silikaten eine sehr aufwändige. An diesem Punkt müsste verstärkt die elektrochemische Forschung ansetzen, denn die anderen Alkali- oder Erdalkalimetalle, welche in die Nähe von Lithium in der Spannungsreihe zu finden sind, wie Kalium und Barium, sind in der Erdkruste weitaus verbreiteter. Bisherige Arbeiten haben jedenfalls noch kein Produkt erbracht, was industriell gefertigt werden könnte. Aber die Notwendigkeit zum Ersatzprodukt wird an diesem Beispiel absolut deutlich.


Die Wiederverwertung im Sinne der SERO-Kreislaufwirtschaft muss höchste Priorität genießen. Dazu gehört zunächst das Vorhandensein eines Prozesses, der es gestattet am Ende wieder ein Produkt zu erhalten, was aus den Einsatzrohstoffen besteht und nach ihrer Zusammensetzung getrennt werden kann. Hier kann es zu sehr komplizierten Lösungen durch viele verschiedene Verfahrensprozesse kommen. Dazu ein Beispiel, welches ich vor 25 Jahren vom Engineering her bearbeitete. Der eine Teil des Verfahrens galt der Zerlegung von Ölfiltern. Es wurde aus einer Ausgliederung des einstmals international tätigen DDR-Kombinats „Ingan“ entwickelt. Ölfilter in Fahrzeugen, die auch heute noch in jedem Bundesland mit jährlich 1 Mio. Austauschvorgängen als Abfall anfallen, müssen umweltverträglich wieder dem Kreislauf zugefügt werden. Dazu werden sie erst geshreddert, dann wird die Fraktion mit Wasser ausgewaschen und das Waschwasser einer Ölabscheidung zugeführt. Das Wasser wird gereinigt und wieder dem Prozess zugeführt, während das Altöl gesammelt wird. Der Stahlblechschrott wird magnetisch separiert und mit dem normalen Schrott wieder in das Elektrostahlwerk oder als Kühlschrott dem LD-Konverter zugeführt. Übrig bleibt eine Papierschlammfraktion, die durch eine Schneckenpresse aus der Gülleaufbereitung zu einem kompakten Paket komprimiert wird und so einem Verbrennungsprozess zum Beispiel als Ersatz für fossile Brennstoffe dient. Was geschieht mit dem anfallenden Altöl? In einem anderen ehemaligen volkseigenen Betrieb wurde bei Oranienburg ein Crack-Verfahren, ähnlich der Raffination von Erdöl, entwickelt. Dort werden nicht nur diese Altöle, sondern auch Getriebeöle und andere Ölprodukte, sofern sie keine reaktionsschädlichen Ester enthalten, durch thermisches und katalytisches Cracken in eine Dieselfraktion überführt. Am Ende bekommt man also aliphatische Kohlenwasserstoffe, die dann anderweitig verwendet werden können. Im Bild sieht man das Fließschema dieser Anlage.



Nun wird der Verbrauch an Ölfiltern mit der Zeit sinken, weil die Verbreitung des Verbrennungsmotors zurückgehen wird zugunsten von Elektromotoren. Allerdings wird es noch einige Zeit dauern, bis der Ölfilter zu einem Nischenprodukt wird. Elektro-LKW oder Elektro-Traktoren befinden sich noch nicht im größeren Produktionsstadium oder gar in der Serienfertigung. Der Elektro-Bus hingegen ist an vielen Orten im Einsatz, zum Beispiel im niederländischen Ede-Wageningen, wo an den Endhaltestellen die Busse wieder geladen werden, während der Fahrer wie vorgeschrieben pausiert. Dennoch fällt reichlich Altöl an, es war für das Unternehmen, welches an dieser Anlage interessiert war, kein Problem entsprechende Altölmengen zu finden. Normalerweise werden diese Öle in einer Anlage wie die von Karo-As in der Nähe von Hannover verbrannt, wobei man bei dem Namen stets eher an eine Obdachlosenherberge denken würde. Dass dieses oben beschriebene Projekt nicht realisiert wurde, lag an mangelnder Kooperation der Kommune und Vorgaben aus der EU, die Fördergelder bereit stellen sollte.


Eine weitere drängende Frage ist die Lebensdauer eines Produktes. Der Verbraucher ärgert sich immer wieder, dass Haushaltsgeräte oft schon innerhalb der Garantiezeit ausfallen. Besonders ärgerlich, wenn die Garantiezeit erst vor ein paar Tagen abgelaufen ist und die Qualität des „engineering“ so hervorragend war, dass nun wieder ein neues Gerät angeschafft werden muss. Das ist der feuchte Traum eines BWL-Studenten, dieses Ziel einmal zu erreichen. Selbstverständlich weist die Industrie mit fürchterlicher Empörung den Verdacht von sich, dass die Lebensdauer ihrer produzierten Geräte genau für diese Garantiezeit vorgesehen ist. Es erfolgen dann Studien, die das Gegenteil beweisen und der Industrie ein exzellentes Zeugnis ausstellen. Ergebnisse aus der sogenannten Drittmittelforschung, mit denen sich Professores gern schmücken und wer daran zweifelt, ist bösartiger als ein Putin-Verteidiger. Im Bild betrachten wir ein solches Objekt, welches nun ausgemustert werden soll und sich die große Frage erhebt, wie es nun zu entsorgen ist, angesichts der kleinen Containeröffnungen. Dieses Bügelbrett ist einwandfrei, lediglich an einem Bein fehlt die Plastikmuffe, damit das Stahlrohr nicht den Fußboden zerschrammt. Dieses Fotomotiv im südöstlichen Stadtteil Arnhems verlangte danach auf die Platte gebannt zu werden.


Die wesentliche Forderung kann deshalb nur lauten: die Möglichkeit zur Reparatur muss ein Gütemerkmal für das Produkt darstellen. Es kann nicht sein, dass bei einem Kabelbruch im Gehäuse eines Stabmixers, der komplette Stabmixer weggeworfen werden muss, weil sich das Gehäuse nicht zerstörungsfrei öffnen lässt. Die Reparatur mit einem Elektroniklötkolben wäre in einer Viertelstunde erledigt gewesen. Die Rohstoffbilanz von der Herstellung bis zur Entsorgung und die Produktionskosten dazu stehen in keinem Aufwand zu dieser Reparatur. Selbst wenn Ökonomen eine andere Rechnung aufmachen, die zeigt, dass die Reparatur teurer sei, als der Kauf eines neuen Gerätes, darf es nicht hinwegtäuschen, dass in dem Verkaufspreis eine Reihe von Posten kalkulatorisch gar nicht bewertet wurden. Es sind diese Kosten, die die Allgemeinheit bezahlt. Man nennt das vornehm „Peripherie“. Die hat nämlich der Staat oder Kommune gratis zur Verfügung zu stellen, damit sich die Industrie die Ehre gibt, sich dort anzusiedeln und korrupte Lokalpolitiker die „geschaffenen Arbeitsplätze“ wegen ihres Standortvorteils als ihre persönliche Leistung preisen.


Fassen wir die Ergebnisse dieser an Beispielen erörterten Forderungen zusammen, so ergibt sich ein Anforderungsprofil an jedes Produkt, was in dem Handel erscheint und verkauft werden soll. Vernachlässigen wir dabei die in jedem Falle notwendigen Prüfungen eines Produktes hinsichtlich Umweltverträglichkeit, Gebrauchssicherheit und Gesundheitsschutz. Diese Merkmale sind ja auch gegenwärtig in den verschiedensten Vorschriften zu finden und müssen eingehalten werden.


Ein Produkt, welches gehandelt wird, muss:

  • aus sparsam eingesetzten Rohstoffen, so fern sie nicht völlig wiederverwertbar sind, bestehen.

  • In seiner Konstruktion so beschaffen sein, dass es zerlegbar und möglichst in allen Komponenten einer Wiederverwertung zugeführt werden kann und deren Komponenten ausgetauscht oder repariert werden können.

  • Die Lebensdauer soll so hoch wie möglich sein. Bei verderblichen Produkten ist auf eine alternative Verwendung nach Ablauf des Verzehrsdatums zu achten.

  • Verpackungen dienen dem Schutz des Produktes und nicht zur Erschwerung möglicher Ladendiebstähle oder besserer Palettierbarkeit. Sie müssen wiederverwertbar sein. Wenn notwendig ist der Verleih auf Pfandbasis dort anzustreben, wo die Wiederverwertbarkeit hohe Kosten verursacht.

  • Es ist ein flächendeckendes System zur Sekundärrohstoffverwertung zu schaffen. Annahmestellen in der nahen Umgebung sollen den Bürger dazu bewegen sein nicht mehr reparables Gut dort abzugeben oder abholen zu lassen. ( in den Niederlanden als „kringloop“ = Kreislauf bekannt.)

  • Einfache Reparaturen von Gebrauchsgegenständen sind gegen angemessene Gebühren ebenfalls in Annahmestellen möglich, die zu einem „Dienstleistungskombinat“ zusammengefasst werden können.

  • Elektro- und Elektronikgeräte sind hinsichtlich einer weitestgehenden Zerlegbarkeit zu konstruieren. SMD-Technik ist nur dort einzusetzen, wo die notwendige Miniaturisierung dazu zwingt. Die Bauteile müssen wiederverwertbar sein.


Diese sieben Forderungen ergeben sich aus einer Abkehr des Wachstumsfetischismus in einem bedarfsweckenden Wirtschaftssystem zu einem bedarfsdeckenden Wirtschaftssystem.


Im dritten Teil sollen dazu Anregungen gegeben werden, wie ein Systemwandel ohne moralinsaure versnobte Oberschicht-Grüne, einer Kanzelkultur, die nur abkanzeln kennt und ohne Freitage für bürgerliche Wellness geschehen kann.


Dies kann nicht in einer im 19. Jahrhundert gefangenen bürgerlichen Klasse Wohlstandsverwahrloster, wie sie die heutige herrschende Schicht in der BRD darstellt, geschehen. Dieses Kastensystem, welches krampfhaft und zwanghaft erhalten werden soll, muss endgültig und nicht recyclebar entsorgt werden.



[Fortsetzung folgt]    Teil 3 - diskussionswürdige Ideen zum Systemwandel

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